Knapp aber köstlich die Kitschkurve gekratzt.

Photo by Joanna Kosinska on Unsplash

Ein pompöser Kristallluster, rot-golden schimmernde Tapeten, schwere bodenlange Vorhänge aus Samt, güldene Biedermeierstühle, ein Fleur-de-Lis-Teppich, Stuck noch und nöcher, Tortenspitzen, die unter schwindelerregend verschnörkelten Teetassen hervorblitzen, mittendrin ein Sissi-Gemälde – und das alles auf nur 17 Quadratmetern. Klingt wie das Eldorado des Kitsch – schmeckt aber wie feinste französische Patisseriekunst. Es handelt sich nämlich um die imposante Ausstattung der Konditorei „Süssi“ in Wien Wieden. Dabei ist die Einrichtung nicht das Üppigste im selbstbetitelten Salon de Thé. Schon beim Betreten zwinkern einem unzählige liebevoll und nicht zu knapp dekorierte Süßigkeiten aus der Auslage zu. Sie tragen edle Namen wie Créme Caramel Noisette, Créme Brûlée Haute Gourmandise oder Bisou de Coco und buhlen neben einer Schar kunterbunter Makronen und Schaumrollen um Aufmerksamkeit. Kaum hat man mit seiner süßen neuen Bekanntschaft an einem der stets gedeckten Tischchen Platz genommen, wird einem schon Wasser in ein gold gesprenkeltes Glas eingeschenkt und die Teekarte gereicht. Und ehe man sich’s versieht steht auch schon eine Porzellankanne auf dem Stövchen inmitten des Tisches und pustet heiter Wasserdampf-Wölkchen in die Luft. Schön. Aber nicht kitschig! Wer seine Lieben gerade nicht mit dabei hat, der kann sich am Take-Away-Pult nach stundenlangem Hin- und Hergerissensein für das wahrscheinlich beste Mitbringsel aller Zeiten entscheiden, es den Daheimgebliebenen mit viel Liebe überreichen, dabei das entzückte Aufblitzen in ihren Augen verfolgen und den Moment voller französischem Charme noch einmal auskosten. Friede, Freude, Macarons! Zu viel Kitsch? Ich finde nicht.

Süssi

Operngasse 30, 1040 Wien, Di-Sa 11.00-21.00 Uhr, So 13.00-21.00 Uhr, Macarons ab 1€, Cremes 3,50-5€

 

 

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