Warum ich mir das nächste Mal beim Chinesen die Haare schneiden lasse.

© Sarah Krobath

Künstler und Designer, das sind die Berufe, die heutzutage als richtig kreativ gelten. Sucht man auf Google, stößt man auch auf Schriftsteller oder Choreograph. Noch besser wird’s auf der Humboldt-Website. Die schlagen einem gleich Astrologe oder Feng-Shui-Berater vor. Humbold-Mitarbeiter dürfte wohl auch ein sehr „kreativer“ Job sein. Natürlich nicht zu vergleichen mit dem eines Frisörs. Von allen Berufsgruppen gehen Haarschneider mit ihrer Kreativität am ungeniertesten um. Das zeigt sich nicht nur an den abstrakten Werken, mit denen viele Leute auf dem Kopf herumlaufen, sondern direkt am Ort des Verbrechens, pardon, Geschehens – am Frisiersalon. „GmbHaar“ steht dort, oder „Hairgott“. Von exotisch („Haarwai“) bis hollywoodreif („Hairy Cutter“), sind der Phantasie in Sachen Namensgebung scheinbar keine Grenzen gesetzt. Und spätestens bei Titulierungen wie „Kamm in“ oder „Schau Hair“ stehen einem ganz ohne Taft und Toupieren die Haare zu Berge. Es scheint, als hätten die Frisöre das Monopol auf die originellsten Namen. Aber hütet euch, kreative Schneiderlein, ihr bekommt Konkurrenz! Die Chinarestaurants schlagen zurück. Damit hätten wir eigentlich rechnen müssen: Wenn erst mal alle Holzornamente mit Gold überzogen, alle Decken mit Lampions geschmückt und alle Spiegel mit Drachen bemalt sind, bleibt eben nur noch eines, um sich künstlerisch auszutoben – das, was draußen über der Tür steht. Was dabei raus kommt, ist dann ein „Happy Chinese“ oder ein „Asia Dream“. Beim Restaurant „Panda III“ tut sich natürlich die Frage auf, was denn mit Panda I passiert ist und ob das auf dem Teller womöglich Panda II sein könnte. So ein Name lässt sich auch prima dazu nutzen, um mehr über das Lokal zu erzählen. Das Asiarestaurant „Peng“ zum Beispiel macht keinen Hehl daraus, wie es seine knusprigen Enten erlegt. Wenn es aber ein Chinarestaurant gibt, bei dessen Namensgebung alle Frisöre ganz gelb vor Neid werden, dann dieses: „Dong Lei Schön“. Leider liegt dieses Prachtexemplar nicht in Wien, sondern in Charlottenburg.

Jetzt könnte man natürlich annehmen, wer so viel kreative Energie in die Namensfindung seines Restaurants investiert, wird das bestimmt auch in seiner Küche tun. Auf dieses Wunschdenken folgt aber nicht selten das süß-saure Erwachen. Denn ein guter Chinese ist leider genauso schwer zu finden wie ein guter Frisör. Wenn man aber endlich einen gefunden hat, geht man auch so schnell zu keinem anderen mehr.