Das Wandern ist des Völlerers Lust.

Bild: © Sarah Krobath

Im Winter unter dem Werk von unzähligen Schneekanonen verborgen, locken um diese Zeit Wanderwege und Laufstrecken mit ihren rot-weiß-roten Markierungen. Der Sessellift mit Sitzheizung ist zur luftigen Panoramabahn umfunktioniert worden und anstelle von Schneemännern und Comicfiguren kreuzen grasende Kühe den eigenen Weg – Slalom gehen statt fahren. Skibrillen sind out, Sonnenbrillen sind in. Es ist Sommer auf der Alm. Und auf der Almhütte? Käsespätzle mit gerösteten Zwiebeln, Bernerwürstel mit Pommes und Germknödel mit Vanillesauce stehen auf dem jahreszeitlosen Menü. Hier kann man sich schon im Spätsommer einen Vorgeschmack auf den unvermeidlich bevorstehenden Winter holen. Als der Herr neben mir auch noch ein Skiwasser bestellt, frage ich mich ernsthaft, ob ich ein paar Monate verpasst habe und es sich bei seinen Nordic Walking Stöcken gar um Skistöcke handeln könnte. Ja, der Sommer geht dem Ende zu, aber muss man deshalb gleich bis zur Skisaison vorspulen? Wir haben gerade bei 28 Grad einen Berggipfel erklommen, jeweils einen halben Liter Apfelsaft gespritzt hinuntergestürzt und möchten uns mit einem sommerlichen Salatteller mit gebackenem Schafskäse, beziehungsweise Putenstreifen erfrischen. Stattdessen treibt uns der bloße Anblick der Speisekarte die Schweißperlen auf die Stirn. Wie soll man sich bitteschön in einer Freiluftsauna in 1.700 Metern Höhe für ein dampfendes Erdäpfelgulasch oder einen Trog – von Teller kann bei solchen Maßen keine Rede sein – Kaspressknödelsuppe erwärmen? Suppe haben wir selber: das Mineral im Rucksack hat während dem dreistündigen Aufstieg schon zu sieden begonnen. Bei solchen Temperaturen – Kaiserschmarrn und Co braten auf der Sonnenterrasse alleine vor sich hin – könnte der Koch seinen Gehilfen eigentlich hitzefrei geben.

Bild: © Sarah Krobath

Kalt aber nicht weniger deftig kommt die Brettljause daher. Auf einem Schneidebrett, das groß genug ist, um als Snowboard eines Fünfjährigen durchzugehen, wandert sie an uns vorüber. Die grüne Pfefferoni, die dekorativ auf ein Kissen aus Kren gebettet ist, wirft mir einen mitleidigen Blick zu. Mit einem wärmenden Stamperl Schnaps lassen sich die mit Schmalz beschmierten und mit Speck und Schweinsbraten bestückten Brote gleich besser verdauen, finden unsere Tischnachbarn. Was bei keinem Einkehrschwung fehlen darf, ist sicher auch bei einer Wanderung im Sommer nicht verkehrt. Am Nebentisch gehen die Zirberl weg wie die Maß Bier beim Münchner Oktoberfest ­– und das um zwei Uhr nachmittags. Na wenigstens muss man sich im Suppenkoma mit Sonnenstich und Vollrausch nicht mehr auf die Ski stellen. Einfach die Sonnenbrille aufsetzen, mit der Panoramabahn ins Tal gondeln und stolz sein, dass man ihn bezwungen hat – den Gipfel, den Schweinsbraten oder den Germknödel.