Nur ein verspeistes Souvenir ist ein gutes Souvenir.

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Irgendjemand hat einmal entschieden, dass es zum guten Ton gehört und als besonders aufmerksam gilt, den Daheimgebliebenen etwas aus dem Urlaub mitzubringen. Zig Souvenirläden pro Quadratmeter an sämtlichen Orten der Welt und unter anderem auch in Griechenland profitieren und leben sogar von diesem Gedanken. Also schleppen wir Urlauber in extra erstandenen Zweitkoffern flaschenweise Olivenöl und Wein, vertrocknete statt vermeintlich getrocknete Gewürze und Tees sowie vor Zucker oder Honig strotzende und dadurch schier endlos haltbare Mitbringsel in unserer Heimat ein.
Von dem viel zu schnell vergangenen 14-tägigen Urlaub überrumpelt laden viele ihre Freunde und Familie bei Sirtaki-Musik (die CD war am Flughafen im Angebot) zu einem improvisierten echt griechischen Abendessen mit dem selbst importierten Wein ein, der in der Taverne am Strand jeden Abend so toll gemundet hat. Sie hätten ihn besser dort lassen sollen. Dasselbe gilt auch für die Literflasche Olivenöl, auf deren Grund Wracks von Gemüsen und Gewürzen langsam verschimmeln und das wahscheinlich ohnehin nicht kaltgepresste Öl ungenießbar machen. Das merkt der Großteil der Heimgekehrten im Normalfall aber nie. Solche Souvenirs, so der verbreitete Irrglaube, müssen nämlich für besondere Anlässe aufgespart werden. Etwa für die Geburt des ersten Kindes (der Weg ins Krankenhaus führt meist nicht unweigerlich durch die Küche), ein Essen mit der versammelten Familie (wenn ausnahmsweise einmal alle Zeit haben, gibt es wichtigere Familiendramen als ein ranziges Mitbringsel) oder der wohlverdiente Urlaubsbeginn (wer will schon ein trauriges Überbleibsel von der letzten Reise, wenn eine neue bevorsteht?). Nachdem man die tausende Kilometer weit gereisten Flaschen, Dosen oder Gläser – vorausgesetzt sie sind nicht schon im Koffer explodiert – zehn mal abgestaubt und zurück ins Regal gestellt hat, landen sie letzendlich doch irgendwann im Müll.
Und der vermeintlich fabelhafte griechische Wein aus der Taverne? Der schmeckt ohne Sonnenuntergang, handgemachte gefüllte Dolmades und der herrlich schweren Entscheidung, zu welchem Strand man morgen mit dem Miet-Cabrio brausen soll, wie billiger Fusel aus dem Tetrapak. Die lieben Freunde machen trotzdem gute Miene zu schlechtem Bouzouki-Spiel – sie freuen sich, dass sie zumindest kulinarisch offensichtlich nichts im Urlaub ihrer Gastgeber versäumt haben.

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  • Also, als Futterbegeisterte sind mir ja die kulinarischen Mitbringsel die liebsten. Aber für den Otto-Normal-Esser stimmt das von dir oben Geschriebene wahrscheinlich wirklich!

    Liebe Grüße
    Nadja

  • Versteh mich nicht falsch, Nadja, natürlich hab ich auf meinen Reisen und auch auf den Studienreisen seltene Gewürze und ausgefallene Lebensmittel, die es bei uns nicht gibt, eingekauft und mitgenommen. Bei einigen, einem Caciocavallo (Käse) z.B. war das Ess-Erlebnis zuhause wirklich sehr ernüchternd – im Gegensatz zu dem Genuss, den er für mich unter einem schattigen Baum auf einem Bauernhof in Kalabrien dargestellt hat. Wer etwas aus dem Urlaub mitbringt oder mitgebracht bekommt, sollte einfach nicht zu lange mit dem Essen warten und sich bewusst sein, dass die Umgebung, Menschen, Situationen im Urlaub einen beträchtlichen Teil zum Genusserlebnis beisteuern. Dann sind die Lebensmittel noch ut und die Enttäuschung im schlimmsten Fall nicht ganz so groß 😉

  • Ja sicher, das Erlebnis beim Essen trägt schon dazu bei, das ging mir nach der Japanreise ähnlich – manches schmeckt einfach nur, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort is(s)t!

    Liebe Grüße
    Nadja

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