Mein Traum von einem Schaum.

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Andere haben ein Traumhaus, einen Traummann, vielleicht einen Traumberuf oder sogar ein Traumkleid – ich habe einen Traummilchschaum. Verglichen mit einem millionenschweren Luftschloss und dem Partner fürs Leben, eigentlich ein bescheidener Anspruch, möchte man meinen. Trotzdem schaffen es die meisten Baristas regelmäßig, statt der Milch im Kännchen mich zum Schäumen zu bringen. Statt der imposanten Milchschaumberge, die nur darauf warten sollten, sachte mit dem Löffel abgetragen zu werden, schwimmt auf Espresso, Heißer Schokolade, Chai oder Matcha Latte oftmals nur ein dünner Film aus spuckeartigen Bläschen. Wenn ich mir in einem Pub auf meiner Melange eine Schaumkrone ähnlich der auf dem Krügerl meines Sitznachbarn erwarte, ist das freilich mein Kaffee. Suche ich aber extra ein Kaffeehaus – also quasi Spezialisten – auf, um dem schaumig weißen Luxus zu frönen, will ich doch hoffen, dass es sich bei dem in der Karte angepriesenen Milchschaum um mehr als heiße Luft handelt. Glauben die lieben Fräuleins und Herren Ober etwa, unsereins ist auf der Kaffeebrühe, pardon, der Nudelsuppe dahergeschwommen? Immerhin wird heutzutage an jeder Ecke mit Schaumhäubchen gedealt: an den Take-away Theken internationaler Kaffeekonzerne genauso wie in privaten Küchen, die mit so wunderbaren Erfindungen wie dem Nespresso Aeroccino ausgerüstet sind. Aber mit gutem Milchschaum ist es wie mit der deutschen Grammatik – jeder glaubt, ihn zu beherrschen, aber richtig drauf hat ihn doch keiner. An ehrgeizigen Baristas mangelt es jedenfalls nicht, wenn man sich die Coffee Fest Latte Art Championships in New York anschaut, wo die Creme de la Creme – oder sollte ich besser sagen die „Creme de la mousse de lait“ – volle Kanne um die Wette blubbert. Bewertet wird dort allerdings nicht das Milchhäubchen selbst, sondern die kitschige Herzchenmalerei darauf – als ob das Aufschäumen nicht bereits eine Kunst für sich wäre. Ich brauche keinen M. C. Escher auf meinem Milchschaum, genauso wenig wie Kakaopulver oder Schokostreusel. An manchen Tagen brauche ich nicht einmal den Kaffee darunter. Der hält mich sowieso nur vom Schlafen ab. Und vom Träumen – von Milch, wie ich sie am liebsten mag: geschäumt, nicht gerührt.