Quatsch, aber mit Sauce.

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In blutroter Tomatensauce ertränkte Lasagne, leblos auf Sahne treibende Gnocchi und auf Grund gelaufene Filetspitzen, die eisbergartig aus einem Champignonsumpf herausragen. Mit nichts lassen sich Verbrechen am guten Schmack so einfach begehen wie mithilfe von Saucen. Die Sauce ist das Tipp-Ex des Kochs und das Mieder vollschlanker Fleischbällchen. Problemzonen wie Sehnen und Flachsen werden von ihr genauso kaschiert wie siamesische Zwillings-Schupfnudeln. Bis der Gast während seines Tauchgangs mit der Gabel irgendwann auf das durchwachsene U-Boot-Schnitzel stößt, hat er schon den halben Teller leergefischt und sieht über eine Reklamierung ebenso wie über den Fleck auf seinem Hemd hinweg. Auch in privaten Küchen wird getrickst was das Convenience-Regal im Supermarkt hergibt. In manchen Vorratsschränken stapeln sich Gläschen und Tetrapacks mit Fertigsaucen, als würden ihre Besitzer auf deren künftige Wertsteigerung warten. So hatte sich das Antonin Carême, der Vater aller Saucen, sicher nicht vorgestellt. In der Sammlung des französischen Kochs finden sich Rezepte für hunderte unterschiedliche Varianten. Auguste Escoffier hat diese anschließend in fünf „Muttersaucen“ gegossen: die üppige Béchamel, die samtige Velouté, die auf Rinderbrühe basierende Espagnole, die spargelverliebte Hollandaise und die gute alte Tomatensauce. Jede von ihnen kann man mit etwas Wein, Gemüse, Milchprodukten, Kräutern und Gewürzen endlos vervielfältigen. So die Theorie. Der Begriff „verfeinern“ ist nämlich so dehnbar wie der Hosenbund eines erprobten Buffetbesuchers. Während die einen darunter das Abschmecken mit frisch geernteten Kräutern aus dem eigenen Garten und selbst kreierten Gewürzmischungen verstehen, fühlt sich mancher schon als ungemein raffinierter Saucier, wenn er einmal mehr den Salzstreuer schwingt. Dabei ließe sich die Tomatensauce, die sich pampig aus dem Einmachglas quält, im Nu mit ein paar einfachen Handgriffen frisch zubereiten. Das Rezept dafür kann man praktisch von der Zutatenliste ihres vorgefertigten Artgenossen ablesen: Tomaten, Karotten, Zwiebeln, Sellerie, eventuell Knoblauch, Tomatenmark, Basilikum, Zucker, Meersalz. Auf allfällige Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker darf getrost verzichtet werden. Die paar Runden mit dem Schneebesen dauern auch nicht viel länger als ein fünfminütiger Ritt auf der Mikrowelle. Wer der zufrieden vor sich hin brodelnden Tomatensauce hingegen etwas mehr Zeit lässt, wird mit einem fruchtig-süßen, sämigen Rot belohnt, in der jede Nudel nur zu gern Selbstmord begehen möchte. Aber diesen Gefallen muss man ihr ja nicht tun. Was Saucen angeht, gilt nämlich selbst in der Sternegastronomie: Nicht klotzen, sondern kleckern.