Wie man schon vor dem Dinner im Bett landet.

Bild: © Yellow

Ein klassisches romantisches Dinner beginnt damit, dass der Gentleman die Lady zum Tisch führt, ihr den Stuhl zurecht rückt und gegenüber Platz nimmt, um ihr den ganzen Abend über verliebt in die Augen zu schauen. Das moderne, etwas weniger romantische Dinner fängt damit an, dass beide ihre Schuhe ausziehen – am Ende eines Bettes, in dem sie anschließend Seite an Seite im Liegen speisen. Blöde Sprüche à la „Beim ersten Date gleich ins Bett“ sind nicht nur aufgelegt, sondern genauso unlustig wie Schweißfüße, die den Duft des Hauptganges übertönen, und ein Loch im Socken, das dem kunstvoll drapierten Dessert die Schau stiehlt. Trotzdem erfreut sich das Essen im Liegen seit ein paar Jahren größter Beliebtheit, und zwar rund um den Globus: Miami (B.E.D.), Prag (BED Lounge), Berlin (Spindler & Klatt), Wien (Yellow, Phoenix Supper Club), überall müssen Tische und Sessel Matratzen und Laken weichen – ganz nach dem Motto „wie man sich bettet, so isst man“. Was sich großartig und vor allem hochpreisig als „Erlebnisgastronomie“ verkauft, entpuppt sich jedoch schnell als unkommunikativer Luxus-Schmäh – handelt es sich der Position nach zu urteilen doch viel mehr um ein Dinieren nebeneinander als miteinander. Nicht gerade ideale Voraussetzungen für ein Rendezvous. Überhaupt, habt ihr schon einmal versucht, liegend zu essen und dabei sexy auszusehen? Da kann ein Kleid noch so perfekt sitzen, im Liegen verrutscht es allemal und sorgt für tiefe Einblicke. Wenn man Glück hat, lenken diese zumindest vom Doppelkinn ab, das sich beim Hinlegen ganz plötzlich aus dem Nichts abzeichnet. Wer zu der Gattung Mensch gehört, die schon unter normalen Umständen nichts essen kann, ohne sich von oben bis unten zu bekleckern, greift am besten zu trockenen, kompakten Speisen oder im Anschluss an die Verabredung zum guten alten Fleckensalz. Etwas Gutes hat das ganze allerdings: Sollte sich das Gegenüber als Schlaftablette erweisen, kann man sich bei einem vorzeitigen Abgang gähnend auf die Horizontale hinausreden, in der man sich vom Aperitiv bis zur Nachspeise befunden hat. Für langjährige Paare mag es ja ganz nett sein, zur Abwechslung mal nicht das eigene Bett vollzukrümeln, aber für das erste Date? Dann schon lieber ins Stehcafe!

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  • Das klingt auf jeden Fall amüsant. Das sollte ich doch tatsächlich wenigstens einmal ausprobieren. Ich glaube nur nicht, dass mein immer vollerer Magen, auf dem ich dann liege, sich wahnsinnig darüber freuen wird.

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