Confessions on a kitchen floor.

© chefsconnection

Als erstes Kaffee auf den Boden stellen. Zweitens ein Kinfolk Magazin kunstvoll daneben platzieren. Dann unzählige Fotos knipsen und schließlich den lauwarmen Kaffee trinken. So beschreibt Socalitybarbie auf Instagram „die authentischste Art, seinen Kaffee zu genießen, in vier einfachen Schritten.“ Eine Anleitung, die das Gros der Blogger und Instagrammer längst verinnerlicht hat. Schicke Marmor-Küchenarbeitsflächen, auf Vintage getrimmte viermal gestrichene und zweimal abgeschliffene Holzplatten und ordentlich unordentlich drapierte Bettdecken sind inzwischen ja so was von 2014.

@Socalitybarbie, Instagram
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Die Bretter, die aktuell die Foodfoto-Welt bedeuten, liegen uns zunehmend zu Füßen. Als wären sie im Zuge eines Helpling-Sponserings dazu angehalten worden, ihre Böden vorzuführen, die nach Buchung einer Reinigungskraft tatsächlich so sauber sind, dass man von ihnen essen könnte, tragen begnadete Essensfotografen Teller, Schüsseln und Tassen bevorzugt ein Stockwerk tiefer auf. Nicht zugunsten eines möglichst authentischen Ausfluges in die Esskultur Indiens oder eines romantischen Indoor-Picknicks mit dem Liebsten, sondern, um ein stimmiges und vermeintlich authentisches Fotos zu schießen.

@chefsconnection, Instagram
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Eine gewisse Kreativität kann man der so entstandenen Fusionsküche mit Kreationen wie Parkett-Porridge, Laminat-Salat oder Äpfel im Schaffel nicht aberkennen. Grob fahrlässig, dass Markenhersteller wie Weitzer Parkett und Parador noch nicht auf den Trend aufgesprungen und ins Schneidebrett-Business eingestiegen sind. Vielleicht ist es ja wie mit den Ferrari-Käppis – wer sich keinen Massivholz-Parkettboden leisten kann, outet sich eben mit dem Merchandising-Artikel als Liebhaber. Zumindest dem Linoleum kann man noch eine, na sagen wir mal kulinarische Nähe zusprechen – Leinöl im Salatdressing, Leinöl im Bodenbelag. Womöglich ist der Trend aber auch aus einer rein praktischen Erwägung entstanden. Irgendwer muss die vielen dekorativen Brösel, Nüsse und Granatapfelkerne, von denen immer viel mehr rund um den als auf dem Teller arrangiert sind, ja auch wieder wegmachen. Einfach Staubsauger angesteckt, einmal zwischen Gabel und Messer durchgesaugt, schon kann der liebe Helpling zuhause bleiben. Da bekommt der populäre Hashtag #cleaneating eine ganz neue Bedeutung.

@chefsconnection, Instagram
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Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich der eine oder andere die gestalterische Bodengymnastik von den Profis abgeschaut hat. Fotograf Alan Battman, von dem auch die hier abgebildeten Fotos für die Chefs Connection stammen, behauptet etwa, dass er einige seiner besten Food-Photos auf dem Boden geschossen hat, eines sogar auf der Herrentoilette eines Hotels – na, Mahlzeit! Hier geht’s zu seinen Top 6 „Floor-Shots“. Lieber als solche Auftragsbilder möchte ich allerdings die Reaktionen der Gastronomen sehen, wenn ein Foodie-Gast im normalen Restaurantbetrieb mit dem Teller mal eben in die Lobby spaziert, weil der Teppich dort so hübsch gemustert ist. Eine Frechheit, wenn auch keine bodenlose.

Auf die in Foodfotografie-Workshops fast gleichermaßen gepriesene wie verteufelte Vogelperspektive kann sich in Sachen Floor-Action jedenfalls keiner über einen Meter zwanzig rausreden. Allerdings werden auch die Instafoodies immer jünger und beglücken uns, wer weiß, künftig mit verwackeltem Hipp-Püree und Milupa-Brei auf Estrich, Fliesen und Co.

Fotograf Battman bei der Arbeit © martiniandmore.com
Fotograf Battman bei der Arbeit © martiniandmore.com

Aber warum sich überhaupt auf die Unterlage der eigenen vier Wände beschränken, wo vor der Tür doch Treppen, Kanaldeckel und Straßen nur darauf warten, hübsch eingedeckt zu werden. Gehsteig deck dich! So hat man in einem Aufwasch gleich zwei Trends aufgegriffen und praktisch Streetfood geschaffen. Wenn dann erst einmal die Passanten zu grübeln beginnen, aus welcher nahegelegenen Anstalt das arme Mädchen mit dem Topflappen samt Kasserole in der einen Hand und der Spiegelreflexkamera in der anderen denn entwischt sein könnte, ein Zwergpinscher das köstliche Fotoobjekt als sein Revier markiert oder die Gemüselasagne letztendlich im Unfallbericht aufscheint, kommen wir dann bitte wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und stellen unser Essen wieder dorthin, wo es hingehört. In die Badewanne.