Das richtige Brötchen am falschen Ort.

Bild: Helge Schneider © Käsebrot

Wenn es um Snacks geht, bin ich nicht wählerisch. Wenn ich Hunger hab, sogar noch weniger. Fürs Erste tun’s ein paar Nüsse zum Knabbern, fürs Zweite ein Brötchen zwischen den Zähnen. Aber Brötchen gibt’s viele. Und wie ich letztens festgestellt habe, kommt es nicht nur darauf an, welches man isst, sondern auch wo man es isst. Wenn ich um zwei Uhr morgens nachhause komme, gibt es nichts Besseres als eine Scheibe Toast mit Gemüse-Soja-Aufstrich und Lauch. Am Bauernmarkt darf es schon mal ein Schwarzbrot überbacken mit üppig Bergkäse sein, im Agenturmeeting sind Lachs- und Eiaufstrichbrote gerne gesehen und beim Shoppen passt immer noch ein Tomaten-Mozzarella-Tramezzini zwischen den Buchladen und das nächste Schuhgeschäft. Auf Vernissagen kann man mit Tapenade und Kapern auf Ciabatta rechnen und auf Privatpartys gibt’s immer gemischt belegte Baguettescheiben, meistens vis-à-vis vom Käseigel. Und in der Oper? Bestimmt feine kleine Canapés, oder? Jetzt werden mich gleich alle für einen völlig versnobten Foodie halten, aber wer sich nach der Arbeit gestresst in eine schwarz-glitzernde Verkleidung schmeißt, sich bei seinen Füßen mit Stöckelschuhen unbeliebt macht und nach eineinhalb Stunden vom Orchester glücklicherweise übertönten Magenknurrens sofort bei Pausenbeginn auf das Buffet zusprintet, um dem größten Andrang zu entgehen, der darf sich doch wohl ein dem Anlass entsprechendes Häppchen erwarten. Im Gegensatz zu mir, haben sich die Brötchen auf den Silbertabletts aber gar nicht in Schale geworfen und ich fühle mich beim Anblick des mit einer Scheibe Gouda belegten Toastbrots etwas overdressed. Da kann auch der winzige Tupfer Mayonnaise nichts ausrichten. Die Enttäuschung ist groß, aber der Hunger ist größer. Und kaum ist der letzte Weißbrotkrümel mit Sekt hinuntergespült, hab ich fast ein schlechtes Gewissen. Der Magen ist ruhig gestellt, die Frau Mama hat bezahlt und das Brötchen war ganz OK. Nur, um zwei Uhr nachts zuhause, in einem Meeting oder auf einer Privatparty wäre es wohl noch besser gewesen – vielleicht sogar ein „supersexy Käsebrot“.

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