Foodies zwei Schritte voraus: FoodCamp Taste & Talk.

IMG_4460„I like to think of an expert as someone who is two steps ahead you“, habe ich beim Hören des The Art of Simple Podcast vor kurzem aufgeschnappt und gleich Gefallen an dieser Sichtweise gefunden. Sie macht die vielen Wein-, Feinkost-, Gastronomie- oder ganz allgemein Food-Experten, von denen es in den Medien gerade nur so wimmelt, nämlich nicht nur wesentlich leichter verträglich, sondern regelrecht sympathisch wie ich finde.

Eine ganze Reihe sympathischer 2-Schritte-voraus-Seiender war am 22. November beim FoodCamp in Wien anzutreffen. Die von der Coolinary Society alias Dani Terbu und Nina Mohimi ins Leben gerufene und Jahr für Jahr liebevoll organisierte Veranstaltung fand bereits zum vierten Mal statt – es darf also von einer Tradition gesprochen werden. „Tradition reloaded“ war auch das Thema des neuen Formats Taste & Talk, bei dem es neben dem Entdecken und Verkosten neuer und spannender Produkte vor allem um den Austausch von Produzenten und Unternehmen mit Bloggern und Journalisten ging.

Ganz am Anfang ihrer Geschichte steht im Gegensatz dazu die eben erst eröffnete Marktwirtschaft, die sich in ihrer Funktion als Indoor-Markthalle (wir haben Winter) mit dem Restaurant die Liebe (wir haben Hunger) und Kaffemik Outlet (ohne Koffein geht’s nicht) als ideale Location erwies. Oder wie es Gastgeber Lucas Polagnoli bei der Eröffnung schmunzelnd ausdrückte: „Ich musste mir erst einen Markt bauen, um beim FoodCamp dabei zu sein.“

 

 

Im Gespräch mit den Food Bloggern und Talkgästen man schnell, dass so gut wie jeder ein bestimmtes Thema hat, dem er sich mit Begeisterung und Neugier widmet und seinen Kollegen damit ein, zwei Schritte, Handgriffe, Kniffe oder Insider-Tipps voraus ist. Ob Mundschenk Peter, der bei einer kleinen Feuershow knusprig gebrutzelte Raclettebrote zaubert, Toni und Iwona, die mit ihrem Projekt Blank Kitchen leere Küchen mit Leben füllen möchten, Annette Ahrens, die mit uns die Geschichte der Tischkultur inklusive Tischdeko aus Zucker, Mozzarella-Ornamenten und Prosciutto-Girlanden beleuchtete, oder Bäckermeister Friedrich „Fritz“ Potocnik (Joseph Brot, Bio-Troad-Bäckerei Vitis) , der sein Wissen zusammen mit Elisabeth Ruckser von Slow Food in der ersten Waldviertler Bio-Backschule weitergeben wird.

Wer mehr über die Notwendigkeit von gesunden Böden für geschmackvolle Lebensmittel erfahren wollte, konnte mit Demeter-Landwirt Martin Allram plaudern und mehr über sein Waldstaudenkorn erfahren, das nicht nur als Risotto, sondern auch im Brot großartig schmeckt. Journalistin, Autorin und nicht-vegane Vegan-Expertin Katharina Seiser hatte ihr Buch „Immer schon vegan“ im Schlepptau und setzte uns gekonnt Geschmäcker, Texturen und Aromen in den Kopf, für die man keine tierischen und erst recht keine Ersatzprodukte braucht. Dass man kein ausgewiesener Experte sein muss, um am Diskutieren über Wein Freude zu haben, machten abschließend Leo Kiem (Agoravino), Franz Hofstätter und Gerald Freinbichler vom Weingut Weninger deutlich. Die mitgebrachten Weine – ein Riesling vom Buntsandstein von Odinstal, „Numen“ von Johannes Zillinger sowie ein Blaufränkisch von Karl Schnabel und Weningers Kékfrankos Steiner – wurden gemeinsam in ungezwungener Atmosphäre besprochen bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken.

 

 

Wie traditionsreiche Unternehmen heutzutage mithalten und ihre Anliegen und Produkte an die Blogger-Community vermitteln können, zeigte Julian Riess von RIESS Emaille, der den ganzen Tag mit dabei war und den Gästen den Werkstoff aus Glas und Eisen, mit dem das Unternehmen seit 1922 arbeitet, näher brachte. Später wurden die mitgebrachten Pfannen und Töpfe noch fleißig von Toni und Bene (Because you are hungry), Sonja (Compliment to the Chef) und Oli (Schöntrinken) geschwungen.  
 

Auch das Philips Consumer Lifestyle Zentrum in Klagenfurt versucht dem Markt mit einfach bedienbaren innovativen Geräten immer ein paar Schritte voraus zu sein. Wie ihnen das mit ihren Entsaftern gelingt, wurde beim FoodCamp live demonstriert, den Stabmixer HR1676 hatte ich seitdem tatsächlich fast jeden Tag in meiner eigenen Küche in der Hand. Dem restlichen Wien einige Bissen voraus waren die FoodCamp-Teilnehmer dank tollen Produzenten wie Markus Dormayer, den bekennenden Warmfrühstückern von grains, der Wiener Pilzkultur Hut & Stiel, Richard Schweger von Noan Olivenöl, dem Biohof Rapf, dem unwiderstehlichen Glinitzers Wiener Salon Nougat, nachhaltigem Seafood von Yuu’n Mee und der Gesunde-Snack-Fraktion treats, die uns zwischen den Talks mit ihren Köstlichkeiten versorgten.

Das Spannendste am FoodCamp ist und bleibt aber der Austausch mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten und zwischen den verschiedensten Disziplinen, die sich nach einem ganzen Tag Taste & Talk einen großen Schritt näher gekommen sind.         
 

 

Mehr vom Foodcamp gibt’s unter dem #foodvie auf Twitter und Instagram.
  

Das FoodCamp 2015 in Zitaten:

 

„Der Geschmack von Lebensmitteln hängt mit dem Boden zusammen.“ – Martin Allram , der auf seinem Demeterbetrieb im Waldviertel Urgetreide wie Waldstaude anbaut.

„Mehl ist ein lebendiges Produkt. Ich kann’s beweisen!“ – Friedrich Potocnik, Produzent von Joseph Brot und der Bio-Troad-Bäckerei Vitis über den Irrglauben, dass frisches Mehl am besten sei. Sein Mehl wird erst vier Wochen nach dem Mahlvorgang verwendet, wenn es sich vom Stress erholt hat.

„Wer einmal selbst Brot gebacken hat, lernt das Grundnahrungsmittel wieder schätzen.“ Elisabeth Ruckser von Slow Food, über die Arbeit an ihrem neuen Buch „Brot backen“, das sie gemeinsam mit Christine Metzger verfasst hat.

„Ein guter Bäcker kann aus allem Brot backen.“ Friedrich Potocnik, Mitbegründer der ersten Waldviertler Bio-Backschule, über sein Projekt in Nigeria, wo er aus Cassava und Futterweizen Brot bäckt und sein Wissen an die Menschen vor Ort weitergibt.

„Es wurden Skulpturen aus Mozzarella geschnitzt und im Garten aufgestellt.“ – Annette Ahrens, Expertin für historische und aktuelle Tischkultur, über die elaborierte Tafelkultur des 18. Jahrhunderts.

„Keine Ernährungsideologie ist eine Lösung für irgendwas.“ – Katharina Seiser über Essen mit Genuss, mehr Pflanzen und weniger Tier.

 „Wein ist wie Rohmilchkäse, der darf sich verändern. Solche Produkte leben und entwickeln sich – der Kunde entscheidet, ober da mitgehen will.“ Franz Hofstätter bei der Weinverkostung mit Leo Kiem (Agoravino) und Gerald Freinbichler (Weingut Weninger).

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