Ein Bio-Menü. 5 Gänge. Und 695 Liter Wasser.

Foto: © Geßl, FiBL Österreich

Unlängst saßen vor mir in der U-Bahn eine junge Frau und ihr Sohn. Der Kleine begutachtete die Einkäufe seiner Mutter und brannte darauf zu erfahren, wieso sie Bio-Tomaten gekauft hatte. Ihre kurze, aber nicht gerade prägnante Antwort: „Weil Bio besser ist.“ Warum das so ist, weiß der Junge wahrscheinlich bis heute nicht. Dass Lebensmittel aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft von Tieren aus artgerechter Haltung stammen und ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel oder Gentechnik, im Einklang mit der Natur hergestellt werden, ist inzwischen vielen bewusst. Die zum Teil enormen Preisunterschiede und die Bemühungen der Discounter, ökologische Lebensmittel zum Massenprodukte zu machen, sind auch kaum zu übersehen. Dass man aber beim Kauf von biologischen, regionalen und saisonalen Lebensmitteln zum Beispiel auch Wasser spart, wissen die wenigsten. Um aufzuzeigen, dass Bio mehr kann als nur gut schmecken, haben FiBL Österreich und die AMA Marketing am 19. Juni zum Kochsalon „Haubensache Bio“ geladen. Der Name ist Programm: von der malerischen Umgebung über die Zirben-Skulpturen bis hin zum fünfgängigen Menü von Haubenkoch Franz Wirth ist alles bio.

Bild: © Micky Klemsch

Vertreter aus Wirtschaft, Medien, Landwirtschaft, Politik und Kunst haben sich am Himmel in Wien eingefunden, um einen Bio-Abend im Zeichen von Feuer zu verbringen. Wie rings um ein Lagerfeuer üblich, werden auch nahe der Feuerstelle, über der eine Duftsupp’n mit Erdäpfeln, Curcuma und Rosenduft brodelt, Geschichten erzählt. Die Bio-Landwirte und -Produzenten aus Überzeugung haben vielleicht keine Gruselmärchen auf Lager, dafür aber ein paar Schauergeschichten aus eigener Erfahrung zu erzählen. Norbert Hackl vom Biohof Labonca spricht bei der Umstellung seiner konventionellen Landwirtschaft auf Bio sogar von einer „Harakiri-Aktion“, die es mit seinen Versuchsschweinchen Zenzi und Amanda zu überstehen galt. Auch der kurze Vortrag von Wissenschafter Stefan Hörtenhuber schockiert mich ein wenig. Wer hätte gedacht, dass für den Liter Milch, der bei mir übers Müsli und als Schaumhäubchen auf den Kaffee kommt, ganze 1.000 Liter Wasser verbraucht werden. Neben dem CO2-Fußabdruck habe jedes Produkt auch einen Wasser-Fußabdruck, der sich aus seinem Wasserverbrauch entlang der Produktionskette – von der Bereitstellung der Produktionsmittel über Transport und Kochen bis hin zur Abfallentsorgung – berechnet, klärt er uns auf.

Bild: © Sarah Krobath

Wie groß die Unterschiede zwischen bio und konventionell für den globalen Wasserhaushalt sind, erfahren wir am eigenen Leib: Mit einer Edel-Nuss aus dem Schnapskessel begleitet von Schafkäse in Hanfpanier, der bereits erwähnten Duftsupp’n sowie einem Karreeschnitzel vom Sonnenschwein mit Waldstaudenkorn-Risotto, Broccoli und getrockneten Curry-Paradeisern. Spätestens nach der selbstgebrutzelten Crème brûlée mit Getreidekaffee und Ingwer-Erdbeeren sind alle Feuer und Flamme. Das Schmalzgenuss-Brot zum Apéro inklusive hat jeder von uns mit seinem Menü bis zu 695 Liter Wasser eingespart, wofür man sonst schon zwölf Mal duschen ausfallen lassen müsste. Darauf stoßen wir mit den biologischen und biodynamischen Weinen von den Winzern der Wertegemeinschaft „Schmecke das Leben“ an. Am einen Ende der Tafel wird über österreichische Kobe-Rinder und das wachsende Bio-Bewusstsein der Gastronomie geplaudert, am anderen über fahrende Schlachthöfe und Weideschlachthäuser philosophiert und der Kopf über die Diskrepanz geschüttelt, dass nicht zertifizierte Heidelbeeren aus dem Wald ja gar nicht als „bio“ bezeichnet werden dürften. Das Lebensmittelbewusstsein ist auf dem Weg der Genesung, ist man sich einig. Darüber, dass der Druck weder auf dem Handel, noch den Zertifizieren, sondern vor allem auf den Landwirten lastet, allerdings auch. Winzer Ewald Tscheppe plädiert darauf, beim Konsumieren eines Lebensmittels in sich hinein zu spüren: Wirkt es ermüdend, beschwerend oder belebend? Ob es nun an der Wirkung von Speis und Trank oder den anregenden Gesprächen liegt, die Beobachtung von Jürgen Schmücking „Wenn die Leute erst einmal biodynamischen Wein probiert haben, trinken sie oft auch zwei, drei Flaschen.“ bewahrheitet sich jedenfalls. Gegen 23 Uhr macht sich jedoch der Großteil auf, um das Feuer für Bio weiter zu tragen.

Foto: © Geßl, FiBL Österreich

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