Praktikum beim Foodhunter: Mark Brownstein zu Gast bei Marco Simonis

Mark Brownstein zu Gast bei Marco Simonis © Sarah Krobath
Mark Brownstein zu Gast bei Marco Simonis © Sarah Krobath

Für die Art von Jagd, die Mark Brownstein ausübt, gibt es keinen Jagdschein. Sein Revier sind neben Wäldern vor allem ferne Gärten, Felder und Gewässer, versteckte Märkte, Privat- und Straßenküchen. Die nötige Ausrüstung hat der gebürtige Kalifornier stets mit dabei – unstillbare Neugier und seinen Geschmacks- und Geruchssinn, den er Tag für Tag trainiert. „Foodhunter sind die neuen Ethnologen“ titelte die Zeit vor ein paar Jahren und erkundigte sich bei Mark nach dem Vorgehen auf seinen Streifzügen. Seine Antwort: „Ich lasse mich einfach treiben. Streife über Märkte, rede mit den alten Frauen, frage, was sie essen, was sie anbauen, wie sie es zubereiten.“ Die so entdeckten Schätze und das neu erlangte Wissen teilt Mark mit Gastronomen, Köchen und über die ARTE-Serie mit Foodies in aller Welt.

Als es im Zuge meines Masterstudiums an der Universität der Gastronomischen Wissenschaften darum ging, einen Praktikumsplatz zu ergattern, dachte ich mir: „Wenn schon noch einmal Praktikantin sein, dann beim Foodhunter höchstpersönlich“. Motiviert, wenn auch nicht gerade optimistisch, was seine Rückmeldung betraf, schickte ich meine Bewerbung los – und bekam wenig später tatsächlich eine Antwort.


Wer sich in Wien auf die Pirsch nach spannenden Lebensmitteln, interessanten Produzenten und köstlichen Geschenken begibt, wird früher oder später Marco Simonis als sein Stamm-Jagdgebiet auserkiesen. Seit September 2014 macht die Bastei10 Marcos Vision von „einem Platz zum Gücklichsein, zum Wohlfühlen, zum Ankommen und Verweilen“ alle Ehre und bringt Menschen, die sich für gutes Essen begeistern, bei Verkostungen, Vernissagen und Dinner-Abenden zusammen. Als Mark mich im Sommer fragte, wo wir uns zum Frühstück treffen sollten, musste ich also nicht lange nachdenken. Gut sechs Monate später haben Mark, Marco und Ulli jetzt ein viergängiges Menü mit einigen Zutaten aus Marks international gefüllter Schatzkammer zusammengestellt und gemeinsam zum vorweihnachtlichen Dinner geladen.

Der Foodhunter on TV und zu Gast in der Bastei10 © Sarah Krobath
Der Foodhunter on TV und zu Gast in der Bastei10 © Sarah Krobath
Gleich der erste Gang zeigt, dass es beim Foodhunting weniger auf das Wo als auf das Wie ankommt. Um zum Ursprung des feinen Carpaccio mit knusprigem Roggenbrot und Korianderöl zu reisen, muss unsereins nämlich nicht erst tausende Kilometer im Flieger zurücklegen, sondern lediglich nach Wörgl fahren. Dort stehen halbjährlich die Tiroler Bio-Yaks von Gabi Brunner in 1.500 bis 1.800 Metern Seehöhe auf der Alm und stählern ihre Muskeln im steilen Gelände. Das Ergebnis: zartes, mageres, fein aromatisches Fleisch, das uns aufgrund des hohen Hämoglobingehalts tiefrot vom Teller entgegenleuchtet. Manchmal braucht es eben einen Foodhunter, um die Schätze im eigenen Land aufzuspüren.

Mark Brownstein, Gabi Brunner, Bio Yak, Foodhunter
Carpaccio von Gabi Brunners Bio-Yak © Sarah Krobath

Während wir uns mit Gabi, die hauptberuflich Lehrerin ist und für den besonderen Abend extra schulfrei bekommen hat, über ihren Weg von der nebenerwerblichen Schafzüchterin zur „Yak-Mama“ (Zitat Mark Brownstein) unterhalten, wird in der Küche bereits die saftige Porchetta angeschnitten. Für den traditionellen italienischen Schweinerollbraten hat Mark Fenchelpollen aus der Toskana mitgebracht, die dem Fleisch gepaart mit Salz ein herrliches frisch-würziges Aroma geben. Das soll das Einser-Schweinsbratengewürz der Österreicher, der Majoran, erst mal nachmachen. Für alle Locavoren, denen jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft: Fenchelpollen gibt es auch aus Österreich z.B. bei Johannes Pinterits. Porchetta-Fans sei dieser Artikel in der NY Times über das „Porchettiamo“-Festival in Umbrien ans Herz gelegt.

Porchetta, Mark Brownstein, Foodhunter
Porchettiamo! Marks Porchetta mit Fenchelpollen © Sarah Krobath

 

Foodhunter Mark Brownstein
Porchetta mit neuem Lieblingsgewürz: Fenchelpollen © Sarah Krobath

Weil ein Menü ohne Käsegang wirklich kompletter Käse ist, kommt als nächstes ein Pärchen aus Lombardischer Rohmilchziege in Waldbeeren und Rosenblatt und Pecorino mit cremiger, von der Konsistenz her an Curd erinnernder Quitte auf den Teller, das die Geschlechter in ein männliches Pecorino- und ein weibliches Ziegenblauschimmel-Lager spaltet. Für mich ist Käse unisex, die Pecorino-Quitten-Kombi aber noch um einen Tick spannender.

Mark Brownstein, Foodhunter
Käsekunst: Rohmilchziege & Pecorino © Sarah Krobath

Beim Dessert kommen wir in den Genuss einer frühen Entdeckung von Mark in Laos: Khao Kiep. Die süßen Cracker aus gegarten Kassawa-Knollen und schwarzem Sesam sind ein typisches Winteressen. In Pflanzenöl ausgebacken setzen sie dem reichhaltigen Meyer Lemon-Mousse mit Passionsfrucht die knusprige Krone auf und bilden den harmonischen Abschluss für einen inspirierenden Abend.

Foodhunter Mark Brownstein
Die Khao Kiep brutzeln noch im Hintergrund © Sarah Krobath

 

Mark Brownstein, Foodhunter
Meyer Lemon-Mousse mit Sesamblatt © Sarah Krobath

Die Zusammenarbeit von Mark und Marco ist damit aber längst nicht beendet, versichern die beiden. Eine gemeinsame Produktlinie mit dazugehörigen Rezepten ist bereits in Arbeit. Und weil es eine wahre Freude ist, die beiden durch die Küchenfenster beim Werken zu beobachten, besteht die Hoffnung, dass das nicht ihr letzter Auftritt als Gastgeber-Duo war.


Aus meinem Foodhunter-Praktikum während des Studiums ist übrigens aufgrund von terminlichen und reisetechnischen Schwierigkeiten letztendlich nichts geworden. Jedenfalls nicht wie ursprünglich geplant. Marks Praktikantin bin ich vielerlei Hinsicht trotzdem. Und Schüler sind wir in Sachen Esskultur sowieso alle. Ein Leben lang.

Foodhunter unter sich: Marco, Ulli, Mark und Gabi © Sarah Krobath
Foodhunter unter sich: Marco, Ulli, Mark und Gabi © Sarah Krobath