Wir sitzen alle am selben Tisch.

Bild: © Sarah Krobath

Beim gemeinschaftlichen Mümmeln der miteinander getauschten Schuljause am Pausenhof entstehen Freundschaften fürs Leben. Bei einem guten Geschäftsessens reichen sich Businesspartner nicht nur Pfeffermühle und Wasserkaraffe, sondern auch unterzeichnete Verträge. Und auch dem Großteil aller Bünde fürs Leben geht ein Heiratsantrag bei einem romantischen Dinner voran. Wenn sich Menschen an einem Tisch zum gemeinsamen Essen einfinden, passieren die wunderbarsten Dinge. Dass auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik Europas etwas passieren muss, da sind sich die Mitglieder des Slow Food Youth Networks Wien einig. Sie baten am 6. Oktober Produzenten und Konsumenten an einen Tisch, um Bewusstsein für die Herkunft und Herstellung unserer Lebensmittel zu schaffen und über die Reform der GAP zu diskutieren.

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Einer aktuellen Erhebung zufolge, hat die Beschäftigung im Agrarsektor in Europa innerhalb der letzten 10 Jahre um 25 % abgenommen. Mit nur noch 7 % Landwirte im Alter von unter 35 Jahren dürfte sich der Jungbauernkalender – ähnlich wie viele ehemals weit verbreitete Obst- und Gemüsesorten – bald zu einer Rarität entwickeln. In Zukunft flimmern dann statt „Bauer sucht Frau“ vielleicht Castingshows à la „Bauern von Morgen“ über unsere Bildschirme. Irgendwann werden dann auch am Markt keine Kartoffeln oder Radieschen mehr ohne Strichcode zu finden sein und unsere Lebensmittel vom Großproduzenten bis zu unserem Teller mehr Kilometer zurücklegen als mancher von uns in seinem ganzen Leben. Klingt nach einem Leichenschmaus in Gedenken an unser Landwirtschaftssystem?

Bild: © Sarah Krobath

Wer am vergangenen Samstag bei diesem Fest für nachhaltige und faire Esskultur dabei war, weiß es besser. Von langen Gesichtern und schockierenden Zukunftsprognosen war an der Tafel keine Spur, stattdessen war der Platz vorm Wiener Museumsquartier den ganzen Nachmittag erfüllt von angeregten Gesprächen und dem Duft von ebenso köstlichem wie nachhaltigem Essen. Gekocht wurde mit Obst und Gemüse vom Biohof Adamah, Einkorn und Waldstaudekorn von Allram, Brot von Joseph und toskanischem Bio-Olivenöl von Casa Caria, getrunken Wiener Wasser und Wein vom Weingut Obermann. Schneckenzüchter Andreas Gugumuck plädierte mit einem Ragout von seiner Wiener Schnecke dafür, dass wieder mehr Weinbergschnecken gegessen werden sollten, und Martin Allram plauderte mit interessierten Passanten über seine Sicht der Dinge als Demeter-Bauer. Die Töpfe und Pfannen waren nach knapp drei Stunden leer, die Gesprächsthemen hingegen hätten noch bis in die Nacht gereicht. Vielleicht sollte sich auch die EU-Agrarkommission öfter einmal mit jungen Menschen, Konsumenten und Produzenten an einen Tisch setzen – dort passieren nämlich die wunderbarsten Dinge.

Bild: © Sarah Krobath

Eine Einkaufsliste mit Produzenteninformationen gibt’s hier, die Rezepte zum Eat-in in Kürze ebenfalls auf www.sfynwien.at.