Auf Kaffee-Entdeckungsreise ins Shoppingcenter

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© Sarah Krobath

Bei einer guten Tasse Kaffee kann man schon einmal die Zeit vergessen. Bei einer richtig guten sogar den Ort, an dem man sich diese gerade genehmigt. Außer man ist gerade in Italien, niemand vergisst bei einem caffè al banco, dass er in Italien ist. Dafür sorgen die vom Tresen lautstark mit den Gästen in der letzten Reihe konferierenden baristi schon. Wer sich in der Rauwolf Brewbar nach einem samtig-schokoladigen Espresso oder einem großzügigen Flat White zu schnell umdreht, der könnte sich dagegen über seine unvermutete Umgebung wundern.

© Sarah Krobath
© Sarah Krobath

In seinem sehr treffend betitelten Falter-Artikel „Die Brühe“ hat Florian Holzer das Qualitätsniveau dessen, was einem in Wiener Kaffeehäusern als Kaffee serviert wird, beklagt. Wie es scheint, haben sich diese zu lange auf ihrem Ruf als zweite Wohnzimmer mit stehengebliebenen Uhrzeigern ausgeruht und sind dabei von qualitätsbewussten, ja geradezu qualitätsversessenen Cafés, Röstereien und kleinen Kaffee-Mekkas überholt worden. Richtig guten Kaffee entdeckt man immer seltener in Altwiener Institutionen und historischen Gebäuden und dafür immer öfter in unscheinbaren, oft gerade mal sechs Personen fassenden Ladenlokalen und, wie ich vergangene Woche feststellen durfte, auch in Einkaufszentren.

 

Michael Parzefall © Sarah Krobath

Als Entdecker bezeichnet sich auch Michael Parzefall, dessen Leidenschaft für Kaffee mit einer vom Surfen am Gardasee mitgebrachten italienischen Espressomaschine begonnen und ihn schließlich zu seinem eigenen Rösthaus samt Brewbar geführt hat, in das er vergangene Woche eine Runde von Bloggern geladen hat. Das Rauwolf Rösthaus befindet sich nicht etwa in einer von Concept Stores gesäumten Hipster-Einkaufsstraße, sondern ausgerechnet im größten Shoppingcenter Österreichs.

Michael Parzefall © Sarah Krobath
Michael Parzefall © Sarah Krobath

 

© Sarah Krobath
© Sarah Krobath

Neben seiner glasumspannten grell beleuchteten Nachbarschaft wirkt das offene Lokal mit dem vielen hellen Holz, den kuscheligen Fellen auf einladenden Stühlen und den schicken Betonlampen ein wenig wie eine Fata Morgana. Eine, die mit ihrem selbst gerösteten Kaffee Single Estate-Fans und Freunde einer guten Tasse gleichermaßen willkommen heißt, Gewohnheitstiere mit zweierlei Cold Drip Coffee aus der Reserve lockt und Milchkaffee-Liebhaber an der 10 Liter Milchzapfanlage mit Biomilch versorgt. Besonders löblich: Sojamilch gibt es optional ohne Aufpreis.

Frühstücken lässt es sich im Rauwolf obendrein auch noch ganz anständig mit Prosciutto aus dem Innviertel, Antipasti, Croissants und Kuchen.

© Sarah Krobath
Rauwolf Frühstück © Sarah Krobath
© Sarah Krobath
Süßes bei Rauwolf © Sarah Krobath

Auch nach Tee von der Chiemgauer Teemanufaktur oder den Traisentaler Fruchtsäften von Preiß darf an der Brewbar ohne schlechtes Gewissen verlangt werden, versichert uns Michael: „Mir ist generell wichtig, woher die Produkte kommen ­– nicht nur bei Kaffee.“

Charismatisch & Aromatisch

© Sarah Krobath
So wird bei Rauwolf geröstet © Sarah Krobath

Mit dem Miriam Weichselbraun’schen Prinzip von wegen „immer der Nase nach“ wirst du das etwas versteckte Lokal nicht finden, dann schon eher, indem du nach der stylischen Denim-Arbeitsuniform der Baristas Ausschau hältst.

Barista Joshua bei der Arbeit © Sarah Krobath
Rauwolf-Barista Joshua bei der Arbeit © Sarah Krobath

Duft nach geröstetem Kaffee liegt hier wie im Trachtengeschäft einen Stock höher, durch das der Kamin ins Freie führt, (leider) keiner in der Luft. „Wird alles abgesaugt“, erklärt uns Michael als die erwartete Aromawelle beim in Gang Setzen der Röstmaschine und auch beim Abkühlen der gerösteten Bohnen ausbleibt.

© Sarah Krobath
© Sarah Krobath

Unbedingt hineinstecken sollten wir unsere Nasen dafür in die silbernen Eimer der Aromabar, an der es die verschiedenen Sorten und Blends zu erschnuppen gibt. Hat man erst einmal eine Nase voll beerig-süßem oder blumig verspieltem Kaffeearoma genommen, spätestens dann ergeben auch die hübschen Pflanzen-Illustrationen, die Franz Riebenbauer für jede Sorte und Mischung angefertigt hat, einen Sinn. Inspiriert sind sie von den Zeichnungen des Abenteurers und Botanikers Leonhard Rauwolf, der als erster Europäer Kaffee in seinen Reiseberichten erwähnt haben soll und zugleich Namensgeber des Rösthauses ist.

© Sarah Krobath
© Sarah Krobath

Rrröstfrisch? Nein, danke!

Die reinsortigen Rauwolf Kaffees kommen aus Brasilien, Indien, Guatemala, Kolumbien, Äthiopien und Kenia. Zwischen den angebotenen hellen und dunklen Röstungen liegen zwar aromatische Welten, aber lediglich vier Grad Temperaturunterschied, so Michael. Weil sie für die jeweilige Zubereitungsart trotzdem eine beachtliche Rolle spielen, kann man sich bei Rauwolf beraten lassen, womit man seine Espressomaschine, Moka-Kanne, French- oder Aeropress am besten füttert.

First Crack, Gelbphase, Roher Kaffee © Sarah Krobath
Roher Kaffee, Gelbphase, First Crack © Sarah Krobath

Samstags kann man dem Röstmeister von 11 bis 18 Uhr bei der Arbeit zuschauen und bestaunen wie die Röstmaschine den eben noch blassgrünen, geruchsarmen und eher heuartig duftenden Rohkaffee – der Maillard-Reaktion sei Dank – nach nur 12-20 Minuten bei bis zu 220°C schokoladebraun und mit dem Duft von frisch gebackenem Brot wieder ausspuckt.

„Das Aroma steckt im Rohkaffee bereits drinnen, entsteht aber erst beim Rösten“, verdeutlicht Michael und packt unsere frisch gerösteten Bohnen in die schicken aluminiumfreien Aromabeutel. „Und es muss sich entwickeln.“

© Sarah Krobath
© Sarah Krobath

Davon, den gerade gerösteten Kaffee gleich zu mahlen oder gar am nächsten Morgen zum Frühstück zu brühen, rät er uns ab. Denn auch wenn sich mancher R-rollende Kaffeeproduzent mit „röstfrischem“ Kaffee brüstet, müsse sich das CO2 nach dem Rösten der Bohnen erst stabilisieren, wozu man ihnen am besten 7 bis 10 Tage Ruhe gönnt. Erst danach beginne die Phase der Topqualität, die ungemahlen ca. 6 Wochen lang andauert. Ist der Beutel anschließend leer, steht die nächste Entdeckungsreise an, auf die einen Michael und die Baristas von Rauwolf liebend gerne begleiten. Und wenn der Kaffeetrinker einmal nicht zum Kaffee kommt, dann sorgt eben der Online Shop für Nachschub. Eine echte Entdeckung ist übrigens auch das Rauwolf Kaffee-Abo – damit kommt der Lieblingskaffee in der gewünschten Packungsgröße und Lieferfrequenz  ganz automatisch regelmäßig zu einem nachhause.

 

Rauwolf Rösthaus: SCS Wien, Ebene 0/126, am Water Plaza neben dem C&A,  Mo-Mi & Fr: 8-19 Uhr, Do: 8-21 Uhr, Sa: 8-18 Uhr, beim Rösten zuschauen: Samstag 11 bis 18 Uhr, Rauwolf auf Facebook.

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