Orientalisch ist nicht alles. Aber auf einmal ist alles orientalisch.

Photo by Zack Woolwine on Unsplash

Jede Küche dieser Welt hält ganz besondere Schätze für unseren Gaumen bereit. Leider neigen diese Kostbarkeiten bei zunehmender Erhältlichkeit wie so viele andere Dinge dazu, ihren Reiz zu verlieren. Galt vor kurzem noch jedes in Olivenöl ertränkte und mit Knoblauch übertönte Gericht als „mediterran“, ist inzwischen einfach alles nur mehr „orientalisch“. Der Nudelsalat mit einer Prise Curry – Orient pur. Das Gemüsegericht mit Koriander – wie aus Oma Aishas Küche. Und das mit Ras el-Hanout gewürzte Fleisch – als wäre es geradewegs auf einem fliegenden Teppich eingeflogen worden. Heute glaubt jeder, der schon einmal Couscous oder Datteln in seinen Einkaufswagen gepackt und ein Rezept mit mehr als zwei Gewürzen aus dem Internet nachgekocht hat, er hätte die orientalische Kochkunst mit dem Löffel gefressen. Und seit der Orient gleich ums Eck liegt, eine blinkende Leuchtschrift am Dach trägt und seine Vorspeisenteller zu Schnäppchenpreisen verschleudert, spart man sich auch den weiten Weg mit dem Flugzeug in ein fernes Land oder den nicht ganz so weiten mit dem Auto zum nächsten authentisch levantinischen Restaurant. Und wem selbst das noch zu anstrengend ist, der schlägt einfach im Kühlregal zu, schnappt sich eine orientalische Kebap-Reispfanne, legt einen Bollywoodfilm ein und fühlt sich wie Dschingis Khan höchstpersönlich. Der hat mit dem Orient nämlich genauso viel am Turban wie alles andere echt Orientalische hierzulande.

2 Comments

  • grossartig zusammengefasst…..gewürzspezifisch ist auch kein unterschied ob das curry aus indien, nordafrika oder thailand kommt…..hauptsache scharf und cumin…..deshalb selberkochen und finger weg vom grünem, gelben, roten fertigtopferl…..

  • Danke, lieber Bernd. Selber kochen ist immer die beste Variante und führt meistens auch zum besten Ergebnis, setzt allerdings auch Neugierde und Interesse für gute Lebensmittel voraus. Genauso wie selber Gewürze mischen – kann man übrigens z.B. bei Babette’s in Wien. Lieber Gruß, Sarah

Comments are closed.